Große Hoffnungen

von Peggy Kammer

Grosse Hoffnungen

 

So, den schlimmsten Tag des Jahres haben wir schon überstanden. Ist das nicht mal eine gute Nachricht?

 

Am Montag war "Blue Monday". Angeblich der übelste Tag im ganzen Jahr:

Wetter mies, Stimmung depressiv, gute Vorsätze schon wieder verbummelt, Konto leer.

 

Das heißt: ab jetzt kann es nur besser werden. Man kann also hoffen.


 

Jedes neue Jahr beginnt mit mehr oder weniger guten Vorsätzen. Das neue Jahr soll seinem Namen alle Ehre machen und uns etwas Neues bescheren.

 

Es ist die Hoffnung, die uns immer wieder dazu verleitet, ein besseres Selbst zu ersinnen, uns Ziele zu setzen, Pläne zu schmieden.

Es ist die Hoffnung, dass es - unser Selbst, unser Leben - irgendwie besser wird.

 

Ich glaube, ohne Hoffnung wären wir alle suizidgefährdet.

 

Auch wenn es immer so schön heißt, dass man jederzeit sein Leben neu beginnen kann, ist doch das neue Jahr prädestiniert dafür, dass "es" neu wird - und ist dadurch von der ersten Minute an mit Hoffnung überladen.

 

Kann es eigentlich zu viel Hoffnung geben?

 

 

* * * * *

 

"Running before times took our dreams away,

leaving the myriad small creatures trying to tie us to the ground

- to a life consumed by slow decay ..."

 

"High Hopes" von Pink Floyd hörte ich vor Kurzem im Radio.

 

Das Gefühl, das mich dabei heimsuchte, war eine unbestimmte Sehnsucht.

Es dauerte eine Weile, bis ich die inneren Bilder und Gefühlsströme in ein passendes Wort münden lassen konnte.

S-e-h-n-s-u-c-h-t.

 

Wie lange hatte ich dieses Wort nicht mehr in den Kopf genommen, geschweige denn in den Mund.

 

Bei allen Achtsamkeitsgeboten und "Sei im Hier und Jetzt"-Anleitungen empfinde ich fast ein bisschen Scham, die Sehnsucht zu preisen, bedeutet dies doch, dass ich mit dem Hier und Jetzt offenbar nicht zufrieden bin, mich nach etwas sehne, das offensichtlich noch nicht da ist

- oder noch nicht sichtbar ist.

 

Darf man große Hoffnungen haben auf eine bessere Zukunft?

Darf man Sehnsucht verspüren nach dem guten Leben?

 

 

"Es irrt der Mensch solang er strebt." So lässt Goethe im 'Prolog im Himmel' den Herrn sprechen.

Vielleicht kann man das auch umdrehen: "Es strebt der Mensch solang er irrt."

 

Das könnte eine Art Absolution sein für alle guten Vorsätze - gespickt mit Hoffnung in jeder Geschmacksrichtung, getränkt mit ein paar Tropfen Sehnsucht. 

 

Warum du trotzdem achtsam sein solltest mit Vorsätzen aller Art, erfährst du hier 😉

 

* * * * *

 

Wie groß können unsere Hoffnungen sein für dieses Jahr? Wie groß dürfen sie sein?

 

Wie in jedem Jahr veröffentlichte Oxfam diese Woche (am "Blue Monday"!) den aktuellen Bericht zur Lage von Arm und Reich auf unserer Erde.

Er trägt den Titel "Gewaltige Ungleichheit" - na Prost. Da möchte man doch gleich die Hoffnung aufgeben.

>>> zur Oxfam-Studie <<<

 

Einen Tag später melden sich eine Reihe von Millionären zu Wort und betteln geradezu darum, endlich höher besteuert zu werden.

Und schon keimt die Hoffnung wieder auf. 

 

Wer Hoffnung hat, hat Erwartungen. Und wer etwas erwartet, hat (noch) nicht aufgegeben. Wer nicht aufgegeben hat, wird jeden Tag aufs Neue aufstehen, sich den wechselnden Nachrichten aussetzen und etwas tun. 

 

Guter Vorsatz also für das neue Jahr:

Jeden Tag aufstehen und sich der Wucht des Lebens stellen. Mit jeder Faser. Mit Genuss.

Und natürlich mit Hoffnung.

 

 

>>> Hier geht's zur Wandelpost.

 

 

PS: Wer ohne Hoffnung ist, werfe den ersten Kommentar.


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