Dystopie oder Utopie?

von Peggy Kammer

Dystopie oder Utopie

 

Eigentlich möchte man verzweifeln.

 

Nein, man möchte nicht. Es passiert einem. 

Nicht von heute auf morgen, nicht plötzlich.

Der Verzweifel schleicht sich ein.

Ganz langsam.


Er erwächst aus seinem kleinen Bruder, dem Zweifel. Dieser wohnt zwischen Hoffnung und Resignation.

 

Ich mag den Zweifel. Er hält in Bewegung. Er spornt an, weiterzudenken, die andere Seite zu ertasten, um die Ecke zu fühlen. 

Der Verzweifel schlägt sich auf die Seite der Resignation. Er tötet jede Bewegung. Ich kann ihn nicht leiden.

 

* * * * *

 

Zeitenwende.

 

Seit dem 27. Februar ist sie eingeläutet, die Zeitenwende. Ganz offiziell, von unserem Bundeskanzler. Nun ist dieses Wort in der Welt und fliegt durch alle Medien. Zeitenwende. Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die davor.

 

Einschneidend klingt das. Mächtig. Und bedeutungsschwanger. Denn welche Zeitenwende ist eigentlich gemeint?

Wer wendet die Zeit? Oder hat jede Zeit ihr Verfallsdatum und wendet sich selbst? Und wann genau ist der "Point of no Return"?

 

Eine Zeitenwende ist eine radikale Wandlung, eine Umkehr, eine Abkehr von etwas, das bislang identitätsstiftend war.

Ist es legitim, dieses mächtige Wort für ein Rüstungs-Revival und Militäreinsätze zu verwenden?

 

 

* * * * *

 

"Die Zeiten, in denen das Alte noch nicht sterben kann und das Neue noch nicht werden kann, sind die Zeiten der Monster."

Antonio Gramsci (Hallo Wladimir)

 

Ja, wir leben in diesem Zwischenraum. In dem Raum, wo einst der Zweifel lebte und sich nun die Verzweiflung breitmacht.

Ja, wir brauchen eine Zeitenwende. Wir brauchen ein neues "Kehret um, und ihr werdet leben".

Dabei trifft es eine "Umkehr" nicht. Denn wohin wollten wir zurück?

 

* * * * *

 

Ich hab mich selbst gefragt, wie ich mir das Jahr 2050 vorstelle. Wie werden wir dann leben? 

 

Und ich merke, dass ich diesen zeitlichen Horizont gar nicht einnehmen kann. Man geht seinen Dingen nach, hält zwischendurch inne, tut sein Bestes und versucht irgendwie, eine Krise nach der anderen auszuhalten, zu verarbeiten, nicht zu verzweifeln, immer wieder neue Kraft zu schöpfen, seinen eigenen kleinen Beitrag zu leisten und sich mit anderen zu verbinden. Und trotzdem reicht es irgendwie nie.

 

Eigentlich würde ich uns allen gern ein Jahr Pause gönnen. Allen, also der gesamten Menschheit.

 

Eine Zeitenwende braucht Zeit. Zeit zum genauen Hinsehen, zum Geschichtenhören. Zum Spüren, was werden will, zum Austauschen. Zum Abschiednehmen vom Alten. Zum Bodenbereiten für das Neue.

 

Wenn wir uns 1 Jahr Zeit nehmen und nichts anderes tun, als miteinander in den Dialog zu gehen, in wechselnden, bunt gemischten Runden, weltweit. Nach dem Jahr würden wir feststellen, dass wir noch ein Jahr brauchen. Und nach diesem zweiten Jahr würden wir vielleicht festellen, dass uns diese Art des Zusammenseins gefällt ...

 

Ist das eine Utopie? Wahrscheinlich.

  

Aber was soll uns sonst Hoffnung geben, wenn nicht Utopien?

 

Fühl dich bitte sehr eingeladen, die Frage "Wie werden wir 2050 leben?" zu bewegen. Und vielleicht magst du deine Gedanken hier bei den Kommentaren teilen.

 

 

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