von Friede Gebhard
Ein Plädoyer, sich lokal zu engagieren.
Meine aktive Teilnahme an unserem Ortsleben in Alsbach (Südhessen), als partei-, konfessionslose Mitbürgerin war eher mickrig.
Seit gut 1 Jahr engagiere ich mich für die Flüchtlinge in unsrer Gemeinde. Mein Lebensgefühl hier hat sich gewandelt.
Was mir daran gefällt
Ich lerne Menschen aus unsrer Gemeinde kennen, denen ich vorher noch nie oder selten begegnet bin.
Es gibt ein gemeinsames Thema. Wir arbeiten an einer gemeinsamen Sache.
Es gibt keine Hierarchien und es herrscht weitestgehend Konkurrenzarmut (eine Armut, die ich willkommen heiße).
Die persönlichen und beruflichen Hintergründe der einzelnen MitstreiterInnen sind nicht von Bedeutung, es sei denn, sie stellen eine konkrete Ressource dar, die hier und jetzt benötigt wird, beim nächsten Schritt, um Verbindungen mit/zu den Menschen zu schaffen, die neu bei uns leben.
Es fühlt sich gut an, Menschen vor Ort zu kennen, die eine geistige Haltung teilen - für ein humanitäres Engagement – mit der ich mich verbunden fühlen kann. Und ich ahne: Es gibt noch viel mehr von ihnen (wahrscheinlich 2 Häuser weiter).
Ich lerne Menschen aus anderen Ländern kennen und höre und lerne aus ihren Geschichten.
Es berührt mich sehr, welche unglaublichen Fluchtwege viele von ihnen hinter sich haben und ich dachte manchmal, beim Aufschreiben einiger Geschichten:
Es ist so ein großes Glück, dass dieser Mensch überlebt hat, lebt und jetzt bei uns ist.
Auf der Karte kann ich jetzt blind zeigen (vorher musste ich etwas suchen) wo und wie Somalia liegt und andere Länder, aus denen die Menschen zu uns gekommen sind. Ich beginne bruchstückhaft Fluchthintergründe zu erkunden, die europäischen Verwicklungen der Vergangenheit darin und die heutigen globalen Interessen.
Ich frage mich, ob die Gier nach Geld und Macht (das Böse) wirklich jemals besiegt werden kann, oder ob unser Leben ein immerwährender Kampf dagegen ist – und dies unser Menschenleben auf der Welt ausmacht?
Gibt es nicht einen Weg, der unsere kollektive Intelligenz mit einem Quantensprung nach oben schnellen lässt? Ich fürchte/hoffe, dass er das wird - aber wahrscheinlich erst, wenn alles noch schlimmer geworden sein wird. (Aussage einer pessimistischen Optimistin)
Wir müssen uns für diese globale Intelligenz einsetzen. Unser aller Leben auf diesem Planeten braucht unseren Schutz und Fürsorge. Jetzt.
Eine Vision für die Erhöhung unserer sozialen Intelligenz. Hier und Jetzt.
Wenn sich ca. jeder 9 ¾. erwachsene Bewohner unseres Ortes um einen Flüchtling als Pate kümmert, in einer Patenschaft, wo diese Prinzipien gelten:
Geben und Nehmen,
Hilfe zur Selbsthilfe und
Einbringen und Teilen von Ressourcen
zur Minderung von Not und Erhöhung von gemeinsamer Freude
können wir Menschen über kurz oder lang wunderbar in unser Gemeindeleben integrieren.
Möglicherweise können wir neue Vernetzungen in unserem kleinen lokalen Kosmos bewirken, die uns alle selbst überraschen werden.
Und – was wir im „Kleinen“ schaffen, schaffen wir auch im „Großen“ - überkonfessionell und überparteilich und mit allen Konfessionen und Parteien. Es braucht alle. Jetzt.
Runter vom physischen und geistigen Sofa
Wir brauchen neues Muskeltraining für alle Muskeln und äußeren und innere Organe.
Wir brauchen Räume, in denen unsere neuen Mitbewohner ihre Fähigkeiten zeigen können.
Ich z.B. tanze gerne und bin interessiert an neuen Tänzen, Klängen, Rhythmen und an geschützten Räumen zum Hören und Schreiben von Geschichten.
Vielleicht gibt es Begegnungen von Menschen von hier und dort, die gemeinsam Ideen entwerfen, die Brücken von unserem Ort nach Somalia, und Eritrea bauen, in Form konkreter Projekte, die uns menschlich, kulturell und ökonomisch neu verbinden.
Dabei möchte ich Geben und Nehmen und unbedingt dabei sein.
Ich bin am richtigen Ort! Hier und jetzt!
P.S. einer Praktikerin: Wer kann dieses räumliche Gefäß zur Verfügung stellen?
Ausführliche Informationen zur Arbeit findest du hier: http://www.asyl-alsbach-haehnlein.de/
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Anke Paul (Samstag, 20 Februar 2016 16:12)
Liebe Friede, da hast Du schöne Worte gefunden! Ja, man bekommt auch ganz viel zurück. Und man lernt viel. Und - wir müssen uns alle weiterhin anstrengen. Danke dafür. Ich werde Dein Blog zukünftig begleiten.
Hartmut Wagner (Dienstag, 15 März 2016 17:38)
Liebe Friede, ich fühle mich - wieder einmal! - sehr mit deiner Vision, deinen Erfahrungen und Worten verbunden. Danke dafür, dass du sie mit uns teilst. In Freiburg-Vauban geben wir mit einer "Sprachhelfer-Gruppe" von volunteers in unseren Gemeinschaftsraum im Wohnprojekt "Kleehäuser" jeden Morgen Sprachunterricht für Flüchtlingsfamilien. Als "Älteste" in unserem Mehrgenerationen-Projekt von 75 Menschen wissen wir (Sylvia, Clara, Eva und ich) noch aus eigenem Erleben. wie es Kindern und Menschen im Krieg, auf der Flucht und im Lager geht. So haben wir im Gespräch miteinander das Bedürfnis entdeckt, mit anzupacken: auch in der Flüchtlingsinitiative figeva.de im Freiburger Süden, in der Kleiderkammer eines Flüchtlingsheims und bei der Betreuung der Website der Flüchtlingsinitiative figeva.de. Wir erleben seither auch eine neue und vertiefte Verbundenheit miteinander und füreinander. Dir liebe Grüße von Hartmut.